Ein gutes Beispiel aus Spanien

Im beschaulichen Pontevedra haben Wanderer auf dem Jakobsweg schon immer Halt gemacht, doch nun pilgern auch Stadtplaner aus aller Welt hierhin. Pontevedra gilt als Modell – die Fußgänger haben die Stadt zurückerobert, Autos gibt es nur noch wenige.

Das ARD hat zu Pontevedra ebenfalls ein Video-Beitrag erstellt. Dieser kann hier angeschaut werden.

Fußgänger dominieren Stadtzentrum

Im Rathaus geben sich die Besuchergruppen die Klinke in die Hand – Bürgermeister Miguel Lores ist verantwortlich für das radikale Verkehrskonzept. Dass die Emissionen um knapp 70 Prozent zurückgegangen sind, überzeugt auch diese Delegation aus Portugal. Der Kommunalpolitiker bekommt Besuch aus aller Welt, den USA, aus ganz Europa. Die Bürgermeisterin von Paris zeigt sich sehr interessiert, und auch seine Gäste aus Portugal sind begeistert.

«Hier gibt es Straßen, die das Miteinander ermöglichen, Plätze, auf denen Kinder spielen, kurz, hier kann man sich sehr wohlfühlen», so Augosta Marinho, Delegation Portugal.

Dann zeigt uns Pontevedras Bürgermeister das Stadtzentrum. ‹Fußgänger Nummer eins› nennt sich Lores selbst, schon vor 20 Jahren hat er den Wandel eingeleitet. Damals erstickte Pontevedra am Verkehr, auf die knapp 80.000 Einwohner kamen fast genauso viele Fahrzeuge. Einkäufe wurden fast immer mit dem Auto erledigt. Heute dominieren die Fußgänger das Bild.

«Autos sind schlecht für die Stadt, sie brauchen zu viel Platz. Sehen Sie, hier fuhren täglich bis zu 14.000 Autos, die Altstadt war ein einziges Chaos», erzählt Miguel Fernández Lores, Bürgermeister Pontevedra.

Zwischen damals und heute liegen Welten. Nun stehen überall in der Stadt Tafeln, die wie Metropläne aussehen. Sie geben Entfernungen in Metern und Minuten an, für die Fußgänger.

Kein Platz für Autos – das ist das Motto

Spanien: Seit 20 Jahren im Amt – Bürgermeister Lores verbat Autos aus der City

Spanien: Seit 20 Jahren im Amt – Bürgermeister Lores verbat Autos aus der City

Kernstück des Verkehrskonzepts sind 15.000 Parkplätze am Rande der Innenstadt, die meisten davon gratis. In die Innenstadt dürfen Autos, etwa Lieferfahrzeuge, weiterhin fahren, aber sie können nicht für längere Zeit parken. Dies gilt nicht nur im Zentrum, sondern in allen Wohnvierteln. Die maximale Parkzeit ist auf 10 oder 15 Minuten beschränkt. Kein Platz für Autos, das ist das Motto. Mit Kameras überprüft die Polizei die Parkdauer, und auch die Geschwindigkeit. Überall gelten maximal 30 Kilometer, und Vorfahrt hat immer der Fußgänger. Es gibt kaum Ampeln oder Verkehrsschilder, ein Konzept mit Erfolg.

«In den letzten acht Jahren gab es keinen einzigen Verkehrstoten mehr, davor waren es noch zwei oder drei pro Jahr», berichtet Manuel Omil, Polizei Pontevedra.

Ende der 90er Jahre wurde der linke Bürgermeister Lores erstmals im konservativen Pontevedra gewählt. Seitdem setzt er sein Konzept um – die Altstadt etwa wurde innerhalb eines Monats zur verkehrsberuhigten Zone erklärt.

«Mit dem Kauf eines Autos erwirbt man doch keinen Anspruch auf einen Parkplatz. Das ist unser Ansatz. Natürlich gab es Angst vor dem Wandel, aber dann sahen die meisten, wie es immer besser wurde, und wie auch der Handel profitierte», so Miguel Fernández Lores, Bürgermeister Pontevedra.

Einzelhandel profitiert vom Verkehrskonzept

Am Anfang protestierten 3.000 Händler gegen die Pläne des Bürgermeisters, manche zogen vor Gericht. Auch der Unternehmer Miguel Lago war zu Beginn gegen die radikalen Pläne, doch das hat sich mittlerweile geändert. Die Umsätze nicht nur in seinem Supermarkt sind gestiegen, die Kunden kommen nun zu Fuß oder mit dem Fahrrad. In Pontevedra hat der Einzelhandel vom Verkehrskonzept profitiert.

«Klar gab es Ängste. Aber dann haben wir gesehen, wie sich das Zentrum, das heruntergekommen war, verbesserte. Heute nun wollen immer mehr hier investieren», sagt Miguel Lago, Präsident des Einzelhandels Pontevedra.

Pontevedra macht vor, wie Städte den öffentlichen Raum zurückerobern können – und die Bürger haben das Konzept angenommen.

Einwohner:
«Es ist einfach ideal, zum Leben und zum Arbeiten.»
«Man kann ruhig laufen, ohne Angst überfahren zu werden, einfach wunderbar.»
«Es gibt weniger Luftverschmutzung, es macht mehr Spaß in der Stadt, weil man ohne Autos flanieren kann.»

Ein großer Erfolg für den Bürgermeister

Pontevedra ist sehr viel attraktiver geworden – früher hat die Stadt Einwohner verloren, nun ziehen wieder mehr Menschen hierhin. Für Bürgermeister Lores, schon zwanzig Jahre im Amt, ist das ein großer Erfolg. «Die Einwohner sind stolz auf Pontevedra, sie glauben an eine Zukunft für diese Stadt. Das ist wohl das Beste, was einem Bürgermeister passieren kann», Miguel Fernández Lores, Bürgermeister Pontevedra.

Und zum Schluss noch eine Überraschung – Bürgermeister Lores fährt gerne Auto – er braucht es jeden Tag, weil er draußen auf dem Land wohnt. Nein, er sei kein Autohasser, sagt er uns, Autos seien für die Landstraße oder die Autobahn geeignet, aber eben nicht für die Stadt. Und diese Philosophie hat Pontevedra zu einem Paradies für Fußgänger gemacht.

Bericht: Stefan Schaaf / ARD Studio Madrid / Orginal-Artikel: hier

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